Immer wieder werden die Demonstrationen von Landwirten kommentiert, die im Herbst 2019 begonnen und vor Weihnachten 2020 noch einmal einen neuen Höhenpunkt erreicht haben. Mit den Trecker-Korsos und -blockaden machen die Landwirte auf ihre wirtschaftlich angespannte Situation aufmerksam. Das ist ihr gutes Recht, richtig so und wir unterstützen jede Form des friedlichen, rechtskonformen Protestes.

Wir haben Verständnis dafür, dass eine Treckerdemonstration in den Ballungsräumen wie in Bremen bei vielen Berufstätigen, Pendlern und allen, die sowieso schon im Bremer Verkehr feststecken, nicht erfreulich ist und zu Unmut und genervt sein führt. Allerdings sei hier einmal ganz klar gesagt: Eine Demonstration, die niemandem auffällt, wird inhaltlich nicht wahrgenommen. Landwirte nehmen nur ihr Grundrecht wahr, für ihre Anliegen auf die Straße zu gehen, wie ganz viele andere Berufs- und Interessensgruppen auch. Daher muss hier keine Diskussion geführt werden, ob Landwirte dies tun dürfen. Die Antwort ist nämlich: Ja, sie dürfen es.

Wir haben aber kein Verständnis dafür, dass sich Teile der Öffentlichkeit kopfschüttelnd über die Demonstrationen und die Forderungen nach höheren Erzeugerpreisen äußern. Bei allen anderen Berufsgruppen und Gewerkschaften wird kommentarlos akzeptiert, dass diese für ihre Maximalforderungen demonstrieren, die dann logischerweise in den Verhandlungen mit den anderen Beteiligten auf den größtmöglichen gemeinsamen Nenner zurückgeführt werden.

Der ewig gleiche Hinweis darauf, dass wir eine freie Marktwirtschaft haben und die Bauernverbände dies nicht akzeptieren und zurück in die Vergangenheit wollen, wirkt mittlerweile grotesk. Erst einmal: Wir haben in Deutschland eine soziale Marktwirtschaft bzw. wollen sie haben und keine freie Marktwirtschaft. Wer eine freie Marktwirtschaft fordert und damit eine Preisfindung nach Angebot und Nachfrage priorisiert, sollte aber auch akzeptieren, dass bei dieser Marktform der Staat mit seiner Gesetzgebung sich dann auch nicht auf der Produktionsseite einmischt. Das kann man wollen, hat aber weitreichende Auswirkungen. Wer also eine freie Marktwirtschaft fordert, dem empfehlen wir, sich erst einmal grundsätzlich mit der Definition von „freier Marktwirtschaft“ zu beschäftigen.

Es steht außer Frage, dass in der Vergangenheit nicht alles richtig gemacht wurde und dass sich Landwirtschaft, auch bei der Vermarktung, weiterentwickeln muss und weiterentwickelt. Das muss aber fair ablaufen und kann nicht funktionieren, in dem man auf der Produktionsseite immer mehr reglementiert, dem auf der Absatzseite aber keine Rechnung trägt. Ein Hinweis auf die Komplexität von globalen Märkten ist hier wohl nicht nötig.

Eine kopfschüttelnde Kommentierung der Marktlage der deutschen Landwirtschaft brauchen wir nicht und jeder einzelne, der dieses so quotiert, sollte erst einmal seine Rethorik überprüfen und überlegen, ob Begriffe wie zum Beispiel „Monstertraktoren“ oder „brutale Treckergewalt“, die uns immer wieder begegnen, eine diskussionsfördernde Wortwahl sind oder doch nur stumpfe Polemik.

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