Es ist wirklich sinnbefreit, um es sehr vorsichtig auszudrücken, mit welchen Vorschlägen wir uns als Landwirtschaft in den letzten Wochen und aktuell beschäftigen müssen, die alle angeblich konstruktive Beiträge zur Lösung der drohenden Ernährungskrise sein sollen. Da wurde es als infam bezeichnet, wenn man unter den neuen Herausforderungen der Ernährungssicherheit die Frage stellt, ob gewisse Punkte des Green Deal und der Farm-to-Fork Strategie (u.a. 4% Flächenstilllegung) nicht neu diskutiert werden müssen, um die Lebensmittelproduktion und Ernährungssicherheit wirklich resilient zu machen.
Nur damit wir hier alle das gleiche Begriffsverständnis haben: Laut Definition des Duden heißt infam = bösartig und jemandem auf durchtriebene, schändliche Weise schadend. So etwas den Menschen zu unterstellen, die sich in ihrem Bereich gerade Gedanken über neue Ideen und Lösungen machen, dabei aber selbst keine liefern, ist schon mutig.
Da wurde vorgeschlagen, die Schweinefleischproduktion um 30 Prozent zu senken, um dann die 1 Millionen Hektar, auf denen jetzt Futtergetreide angebaut wird, mit Getreide anzubauen, das dann an die Entwicklungsländer geliefert werden kann.
Die fachlichen Fragen, die mit einer solchen Forderung verbunden sind, wurden natürlich nicht beantwortet, deshalb wollen wir sie hier noch einmal stellen: Nicht jeder Boden ist für den Anbau von Backweizen geeignet, sonst würde ja nicht Futtergetreide angebaut werden. Wie soll das gelöst werden? Was machen wir mit den 30% Schweinen, die abgestockt werden sollen? Schicken wir sie in den Urlaub oder vernichten wir einfach wertvolle Zuchtbestände? Wir haben auch eine Düngemittelkrise. Wie kompensieren wir den Wegfall des Wirtschaftsdüngers durch die Abstockung. Werden auf die 1 Mio. Hektar Ackerfläche auch die 4% Flächenstilllegung angewendet? Und das sind noch lange nicht alle Frage, die sich dabei stellen.
Den Vogel abgeschossen hat aber ganz sicher UNSER Bundeslandwirtschaftsminister, der den neuen Begriff der „Pestizidmaschinen“ kreiert hat. Was soll man dazu jetzt noch sagen? Vielleicht hilft es ja noch einmal in das Wahlprogramm der GRÜNEN von 2022 zu schauen, in dem auf Seite 48, unter der Überschrift „Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur – Landwirtschaft fit für die Zukunft machen“ als erster Satz steht (Zitat):“Wir wollen Klima-, Umwelt-, Tier- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung miteinander versöhnen.“ Eine weitere Kommentierung erübrigt sich hier an dieser Stelle.
Zum Glück funktioniert der Dialog auf Landesebene wertschätzend, fair und lösungsorientiert. Für die Herausforderungen der Zeit sind aber Berlin und Brüssel gefragt. Das kann auf Länderebene nicht kompensiert werden.
Es geht jetzt darum, neue Antworten für Ertragssicherheit und für Ernährungssicherheit in Verbindung mit Klimaschutz und Artenvielfalt zu finden, um so wirkliche Resilienz zu schaffen. Das Beharren auf den alten Standpunkten, der inflationäre Gebrauch des Begriffes „Resilienz“ ohne Ideen und Antworten zu liefern und das Weiterreiten toter, ideologischer Pferde bringt uns keinen Meter weiter.
Wie infam ist es eigentlich, nicht zu akzeptieren, dass wir in Deutschland eine Gunstregion für die Lebensmittelproduktion sind und dass unsere Landwirtschaft und wir alle damit eine Verantwortung für die Ernährungssicherheit über unsere Landesgrenzen hinaus haben und nicht nur für die eigene.