Zum Jahresauftakt luden der Bremische Landwirtschaftsverband e. V. sowie die drei niedersächsischen Kreisverbände Rotenburg-Verden, Mittelweser und Osterholz zu der Gemeinschaftsveranstaltung „DBV im Dialog – Verbandsarbeit für die Zukunft“ ein. Im Gasthaus Grothenns in Bremen hörten circa 60 interessierte Landwirtinnen und Landwirte den Vorträgen von Karsten Schmal, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, sowie Gerald Dohme, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, zu und diskutierten im Anschluss über Transparenz, Strukturwandel sowie eine Verjüngungskur innerhalb des Verbandes. Neben den geladenen Referenten waren auch Hilmer Garbade, Präsident des Bremischen Bauernverbandes e. V., Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen, Stephan Warnken, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Osterholz, sowie Christoph Klomburg, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Mittelweser, als offizielle Gastgeber zugegen.

Gemeinsame Vermarktungsstrategie für mehr Akzeptanz in der Gesellschaft

Nach einem Grußwort von Hilmer Garbade gab Karsten Schmal zunächst einen Einblick in seine vielfältige Arbeit, denn neben der Position als Vizepräsident des DBV ist er gleichzeitig auch Präsident des hessischen Bauernverbandes und Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Milch. „Wir sind im globalen Weltmarkt angekommen. Ernährungssicherung spielt zwar in Deutschland keine Rolle mehr, aber in anderen Ländern. Denn die verfügbare Ackerfläche pro Kopf wird immer geringer“, betonte Schmal in seiner Rede. „Hinzu kommt, dass wir in Mitteleuropa in einer klimatischen Gunstregion leben, in der Pflanzen sehr gut wachsen.“ Diese Gunstregion mache jedoch nur vier Prozent der gesamten Fläche der Welt aus. Große Länder wie die Mongolei seien beispielsweise gar nicht dazu in der Lage, ihren Bedarf an Lebensmitteln aus eigener Produktion zu decken und importieren daher 80 Prozent. „Dass wir in Deutschland also Lebensmittel exportieren, liegt in erster Linie daran, dass sich hier ein günstiger Standort mit großartigen Produktionstechniken vereint“, betonte Schmal. Im Umkehrschluss schieße sich Deutschland aus dem Weltmarkt heraus mit den ganzen Auflagen, die momentan auf die Landwirtinnen und Landwirte einprasseln. „Natürlich schreitet der Klimawandel voran und wir müssen zwangsläufig unseren Anbau verändern, dennoch bleiben Forst- und Landwirtschaft die einzigen beiden Branchen, die CO2 binden können“, ergänzte der Vizepräsident des DBV. Für Schmal stünde es daher außer Frage, dass die deutsche Landwirtschaft mit einer neuen Vermarktungsstrategie an den Start gehen müsse – und zwar basierend auf einer gemeinsamen Marke. So würden die deutschen Produkte nicht nur bundesweit, sondern weltweit besser wahrgenommen werden. Um die Akzeptanz der Lebensmittelproduktion innerhalb der deutschen Gesellschaft zu erhöhen, sollte die Landwirtschaftsbranche mitreden, wenn es um die Festlegung von Standards ginge. Dies könne nur verwirklicht werden, wenn der Verbandsapparat extrem viel schneller arbeite.    

Lobbyarbeit kurz erklärt

Ganz anders ging Gerald Dohme seinen Vortrag an: Er ist seit Jahren im Auftrag des DBV in ganz Deutschland unterwegs, um die Verbandsarbeit zu erklären. Ein wichtiger Baustein für mehr Transparenz, fragen sich doch heutzutage mehr Landwirtinnen und Landwirte denn je „was der Verband eigentlich so macht“. Zunächst stellte Dohme fest, dass Lobbyarbeit wie der DBV sie tagtäglich leistet keine negative Konnotation in der Gesellschaft haben sollte. Denn alle Branchen ließen Lobbyverbände für sich arbeiten. Verglichen mit anderen Branchen stelle der DBV dabei einen eher kleinen Apparat dar, der fast ausschließlich mitgliederfinanziert sei. Während Greenpeace, NABU und Co ihre Angestellten mit hohen Spendeneinnahmen von bis zu mehreren hundert Millionen Euro bezahlen könnten, greife der DBV lediglich auf circa 10 Millionen Euro pro Jahr zurück. Insgesamt arbeiten beim DBV 60 Menschen, die den ganzen Tag damit beschäftigt seien, die 700 Abgeordneten in Berlin zu erreichen. „Stellen Sie sich mal vor: In Berlin gibt es 5.000 bis 6.000 Lobbyisten, die allesamt mit diesen 700 Abgeordneten sprechen wollen. Da zählt bei uns jede halbe Stunde mit einem Abgeordneten“, betonte Dohme. „Wir müssen nicht nur wissen, wer sich wann wo aufhält, sondern auch, wann welche Themen besprochen werden, was in Protokollen steht und wann ein Abgeordneter Zeit hat, mit uns zu sprechen. Das alles bedeutet einen hohen Rechercheaufwand, weshalb wir für jedes Thema eine oder mehrere Fachpersonalien eingestellt haben.“ Veranstaltungen wie die Internationale Grüne Woche jetzt im Januar seien zudem eine der besten Möglichkeiten, um Forderungen an Entscheidungsträger heran zu tragen. Hinzu käme, dass die Landwirtschaft in Deutschland sehr heterogen sei. In Bayern wünschen sich Berufskollegen beispielsweise andere Prioritäten und Lösungen als in Mecklenburg-Vorpommern. „Nicht verwunderlich also, dass nicht alle mit unseren Entscheidungen zufrieden sein können“, erläuterte Dohme. „Manchmal liegen die Interessen unserer Mitglieder sogar so weit auseinander, dass wir etwas leiser vorgehen müssen, damit unsere Konkurrenten hier nicht weiter sticheln.“ Außerdem handele es sich bei den Abgeordneten größtenteils um Juristen und Lehrer, also um eine Berufsgruppe, die der Landwirtschaft nicht nah stünde. Hier Verbündete zu finden, sei zunehmend schwieriger. Dann kam Dohme noch auf einen anderen Aspekt zu sprechen: Die Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit. „Die Dinge, die nicht gut laufen, müssen wir auch mal benennen. Wir müssen mündig damit umgehen, wie wir ordentliche Landwirtschaft betreiben, sonst können wir uns einsalzen“, fand er deutliche Worte. „Denn bereits ein Fall, der sich gegen die Regeln verhält, führt zu einem schlechten Image. Wenn wir hier nicht ganz klar Stellung beziehen, glaubt uns kein Mensch mehr, dass wir für Tierschutz sind und dass wir Regeln einhalten.“ Dohmes Credo für die Zukunft sei daher: „Ändere dich, bevor es andere für dich tun.“

DBV und Land schafft Verbindung

Im Anschluss an die beiden Vorträge fand eine Diskussionsrunde statt, in der Teilnehmende ihre Fragen äußerten. Hier wurde es interessant, denn es zeichnete sich sehr schnell ein aktuelles Meinungsbild ab: Die meisten anwesenden Landwirtinnen und Landwirte kamen auf das Netzwerk „Land schafft Verbindung“ zu sprechen und wollten die Einschätzung des DBV dazu wissen. „Wichtig ist, dass wir in Berlin mit einer Stimme sichtbar bleiben. Sonst werden wir in Summe weniger wahrgenommen“, betonte Schmal. „In Holland verliert die Bewegung leider momentan an Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft. Das darf uns hier nicht passieren. Denn die LSV-Aktionen sind großartig und haben für sehr viel Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. Und das, was auf der Straße war, muss nun in politisches Handeln umgesetzt werden.“ Das ginge jedoch nicht von heute auf morgen. Viele Landwirte seien mit großen Hoffnungen auf die Straße gegangen und dachten, nach einer Woche würde es bereits erste politische Ergebnisse geben. Doch so funktioniere Politik leider nicht. „Man muss sich auch die Frage stellen, ob der DBV es versäumt hat, die Menschen frühzeitig zu mobilisieren. Tatsächlich haben wir letztes Jahr bereits darüber diskutiert, es aber damals nicht für möglich gehalten, dass so viele Landwirte gemeinsam aufstehen“, resümierte Dohme.

Strukturwandel und Verjüngungskur

Auch das aktuelle Hierarchiemodell des DBV wurde von den Teilnehmenden in Frage gestellt. „Was gibt es beim DBV für Bestrebungen, um ein neues Außenbild zu präsentieren?“ war eine der dazu gestellten Fragen. „Für mich ist das Wichtigste, dass der beste an der Spitze steht und nicht der mit den meisten Proporz“, betonte Schmal daraufhin. „Ja, es stimmt, jüngere Leute müssen eher an die Spitze kommen. Hier muss sich etwas ändern.“ Sein Kollege Dohme fügte hinzu, dass er das aktuelle Hierarchiemodell als tragfähig einschätze und es Aufgabe der Kreis- und Landesverbände sei, junge Menschen für die Verbandsarbeit zu begeistern. „Ich nehme die Aufforderung nach einem jüngeren und modernen Außenbild mit nach Berlin. Verweise aber auch nochmal darauf, dass Rukwied vor einigen Tagen bereits dazu aufgerufen hat, dass der DBV jünger und weiblicher werden möchte“, schloss Dohme ab. Dann nahmen die beiden Referenten auch Stellung zur aktuellen Verfahrensstruktur im DBV, denn einige Teilnehmende empfinden es nicht so, dass die Lobbyarbeit etwas bewirke. „Wir haben etwas bewirkt“, betonte Schmal sofort. „Aber dennoch gebe ich zu, dass wir unsere aktuellen Strukturen vielleicht einmal aufbrechen und hinterfragen sollten.“ Sein Kollege Dohme hielt jedoch fest, dass es richtig und wichtig sei, dass der Bauernpräsident auch ein Landespräsident sei mit entsprechendem Rückhalt. „Unsere Mannschaft in Berlin macht auf mich einen sehr guten Eindruck und wir haben einen messerscharfen Blick für jeden Einzelnen“, schließt Dohme die Diskussionsrunde ab. Zum Schluss meldete sich noch eine Teilnehmende, die selber beim Landvolk arbeitet und rief die Landwirtinnen und Landwirte dazu auf, sich besser zu informieren. Denn gerade solche Veranstaltungen wie diese seien großartig dazu geeignet, sich ein Bild über die Verbandsarbeit zu machen. Gesprächsangebote gäbe es viele, sei es auf den Winterveranstaltungen oder via direktem Kontakt zu den Mitarbeitenden des Landvolks. Denn nur wer sich selber engagiere, könne etwas verändern und bewirken.

(Text: Silke Aswald, Niedersächsisches Landvolk, Kreisverband Rotenburg-Verden e. V.)

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen