Gestern wurde, wie in jedem Jahr und endlich auch wieder direkt und unter Anwesenheit aller Beteiligten, die Erntekrone von den Bremer LandFrauen, der LandJugend Bremen und des Bremer Bauernverbands im Rathaus an die Senatorin Maike Schaefer übergeben.
Die Erntekrone symbolisiert „Unser tägliches Brot gib uns heute…“ und macht deutlich, wie unversichtbar unsere regionale Landwirtschaft ist und unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe in der Region sind.
Die Vorsitzende der Bremer LandFrauen, Anderea Geerken, hat wieder eine beeindruckende Rede gehalten, die Ihr hier lesen könnt.
Sehr geehrte Frau Senatorin Schaefer, sehr geehrte Anwesende, liebe LandFrauen!
Wir sind heute ins Rathaus gekommen um Ihnen, Frau Senatorin Schäfer, diese Erntekrone zu überreichen. Wir, das sind Vertreter der LandJugend Bremen, des Bremischen Landwirtschaftsverbandes und der Bremer LandFrauen, die diese Erntekrone gebunden haben.
Sie soll in den nächsten Wochen die Eingangshalle des Rathauses schmücken und an das Erntedankfest erinnern, dass Anfang Oktober in den Kirchen gefeiert wird.
Die Erntedankkrone wurde aus Weizenähren gebunden, die in der Hemelinger Marsch gewachsen sind. Die Krone symbolisiert den Dank für das tägliche Brot. Wir Bauern produzieren das tägliche Brot, die Lebensmittel, die Mittel zum Leben. Konventionell oder Bio, aber immer nach den Regeln und Vorgaben die uns geboten sind. Und alles in einer guten Qualität.
Der Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln liegt in Deutschland jedoch bei ca. 90%. Deshalb sind wir auf Importe angewiesen. Doch wie wird im Ausland produziert? Mit welchen Standards? Und was ist, wenn Warenströme unterbrochen werden?
Nie konnte ich mir vorstellen, dass irgendetwas in Deutschland einmal knapp werden könnte. Corona hat gezeigt wie schnell das mit Medikamenten und Schutzartikeln aus der Medizin passiert ist.
Kann das auch bei den Lebensmitteln geschehen?
Wie erst kürzlich im WK berichtet wurde, haben seit 2010 fast die Hälfte aller Sauenhalter und ein Drittel der Milchviehbetriebe aufgegeben. Die Zahl der Betriebe nimmt ab, die Größe der Höfe nimmt zu. Diese Entwicklung wollen Gesellschaft und Politik eigentlich nicht. Landwirtschaft braucht eine Perspektive mit erfüllbaren und verlässlichen Rahmenbedingungen. Erträge müssen erzielt und Investitionen auch wieder abbezahlt werden können.
Die Not und die Unzufriedenheit der Landwirte sind seit langem so groß, dass sie seit vielen Monaten regelmäßig protestieren. Aus diesen Protesten heraus hat die Kanzlerin Anfang Dezember 2019 zu einem Agrardialog ins Kanzleramt eingeladen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Frage, wie eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung und ein zukunftsfähiger Ackerbau aussehen können. Daraus ging die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ hervor. Ihr gehören alle für die Landwirtschaftspolitik relevanten gesellschaftlichen Gruppen aus den Bereichen Landwirtschaft, Wirtschaft und Verbraucher, Umwelt und Tierschutz, sowie aus der Wissenschaft, an
Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung, die Nahrungsmittelproduktion zu sichern und zugleich den gesellschaftlichen Anforderungen an mehr Tierwohl sowie Umwelt-, Natur- und Klimaschutz gerecht zu werden. Die Gesellschaft muss die Leistungen der Landwirtinnen und Landwirte aber auch besser honorieren.
Im Juni diesen Jahres hat die Kommission einstimmig ihren Abschglussbericht verabschiedet. Damit sind unsere Probleme sicher noch nicht gelöst, aber es ist ein erster Schritt. Das Besondere daran ist meiner Meinung nach, dass wirklich alle Gruppen aufeinander zugegangen sind und sich auf einen Dialog eingelassen haben.
Die Landwirtschaft wird häufig an erster Stelle genannt, wenn es um die Verantwortung für Umweltverschmutzung, Arten- und Insektensterben und Treibhausgas Emissionen geht. Den Anteil, den Industrie und Verkehr dazu beitragen, wird oft nicht genannt.
Jeder/ jede ist mit dem eigenen Handeln mitverantwortlich für das Klima. Und wenn ich meinen Fleischkonsum reduziere und auf Einwegverpackungen verzichte, ist das nur ein winziger Beitrag, der mit einer Reise im Flugzeug um ein Vielfaches zunichte gemacht wird.
Ist die Gesellschaft bereit für die Veränderung, den Verzicht, den Klimaneutralität bedeutet?
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Es darf kein „weiter so“ geben. Dafür brauchen wir ein Bündnis aller Beteiligten.
Vielleicht ist es blauäugig, aber ich würde mir ein besseres Miteinander der Politik wünschen. Unabhängig von erzielten Wahlerfolgen oder Misserfolgen, von irgendwelchen erreichten Prozentzahlen. Unsere Probleme und Herausforderungen sind so groß, dass sie nicht nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode gedacht werden dürfen.
Ich danke für mein täglich Brot.
Und auch sind meine Gedanken bei den Menschen, die in diesem Jahr Not erleiden mussten. Sei es in anderen Ländern oder hier in Deutschland bei der Hochwasserkatastrophe. Menschen, denen ihr Hab und Gut genommen wurde, oder die gar ums Leben gekommen sind.
Dennoch ist es tröstlich zu sehen, wieviel Hilfsbereitschaft und Solidarität in Zeiten der Not zu finden sind. Gerade auch hier waren viele Bauern dabei, die sofort mit angepackt und lösungsorientiert geholfen haben.
Ich hoffe, dass wir weiterhin in einem demokratischen Umfeld in Frieden leben können und danke für mein täglich Brot.