Wir haben uns dazu entschlossen, uns hier und heute einmal damit zu beschäftigen, wie wir aktuell miteinander reden bzw. wie über uns geredet wird.

Grundsätzlich: Wir werden hier nicht herumjammern und darum bitten, dass man die Landwirte als Minderheit doch bitte lieb haben muss. Nein, das werden sie von uns nicht hören, denn wir sind keine Minderheit und wir brauchen auch keinen Minderheitenschutz. Wir sind ein produktiver, wertschöpfender Teil dieser Gesellschaft und mit diesem Respekt wollen wir auch behandelt werden, wie alle anderen auch.

Wir lassen uns unser Selbstverständnis und die Deutungshoheit unseres Berufes nicht von radikalen NGO’s und deren Extremforderungen wegnehmen, die glauben, die moralische Instanz in diesem Land zu sein und mit ihrer Art zu leben über der der anderen zu stehen.

Unser Selbstverständnis ist es, täglich sichere und gesunde Lebensmittel zu produzieren, die ganz selbstverständlich mittlerweile täglich 24 Stunden zur Verfügung stehen. Das ist das Ergebnis von konsequenter Arbeit und stetiger Weiterentwicklung im Agrarbereich.

Wir produzieren Lebensmittel und ernähren dieses Land, aber auch das wollen wir gar nicht so sehr in den Vordergrund stellen oder als das ganz Besondere hervorheben. Es gibt viele wichtige Berufszweige in unserem Land die unverzichtbar und gesellschaftlich wertvoll sind. Die Lebensmittelproduktion gehört dazu und ist ganz einfach gesagt unser Job. Aber allen, die uns so gerne und lautstark kritisieren, sagen wir: Dann lasst uns auch unsern Job machen.

Die Landwirtschaft entwickelt sich konsequent weiter und greift alle aktuellen Fragestellungen auf. Aber Weiterentwicklung braucht auch Zeit. Es ist nicht alles so einfach umzusetzen, wie es manche Schlagworte oder Plakattexte suggerieren wollen. Die Fragestellungen sind komplex und bedürfen einer umfassenden Betrachtung. Mal eben so geht es in keinem Wirtschaftsbereich und schon gar nicht geht es, wenn man nur Forderungen stellt, aber keine Lösungsansätze liefert.

Wer glaubt, die Bauern machen bei einer sogenannten Agrarwende schon irgendwann mit, man muss nur die Förderung durch die 1. Säule streichen und die Verordnungen für die Tierhaltung und den Ackerbau noch enger ziehen, unterliegt einem schweren Irrtum. Damit wird nicht die Weiterentwicklung der Landwirtschaft in Deutschland gefördert, sondern die Betriebe aus der Produktion getrieben.

Wir erliege nicht der Illusion, dass es durch das Höfesterben weniger Lebensmittel in unserem Supermärkten geben wird. Es sind dann nur keine deutschen bzw. regionalen Produkte mehr, die wir kaufen können, sondern Erzeugnisse die im besten Falle noch aus Europa kommen. Das kann man wollen, nur dann brauchen wir uns auch nicht einzubilden, dass wir noch irgendeinen Einfluss auf das Tierwohl, eine Ackerbau- oder eine Klimastrategie haben.

Wer also die regionale Produktion fördern will, im bio und konventionellen Bereich, muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Und Rahmenbedingungen heißt, dass in erster Linie die Wertschöpfung auf den Betrieben langfristig gesichert wird, weil erst dann Agrarumweltmaßnahmen und Produktionsanpassungen möglich sind.

Und wer lautstark immer mehr Einsatz von den Landwirten fordert, sollte erst einmal das Erreichte, häufig freiwillig geleistete, würdigen und anerkennen. Im Gegensatz zu den Lautsprechern in diesem Land hat die Landwirtschaft schon lange angefangen und macht etwas. Und das ist der Unterschied.

Nur immer 100 Prozent zu fordern, begleitet von immer radikaleren, irrwitzigeren Kampagnen, reicht nicht aus. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Landwirtschaft sind zu komplex, als das man sie in einer Plakatüberschrift oder in socialmediatauglichen Schlagworten ohne Substanz zusammenfassen kann.

Da wird uns im letzten Mai zur Grasernte in der Bremer Innenstadt ein Plakat vor die Nase gehalten, auf dem ein Rehkitz und ein Mähdrescher zu sehen sind mit der Überschrift: Zerreißt uns nicht! Was sollen wir, mit Verlaub, mit einem solchen, inhaltlichen Unfug anfangen? Was ist das für eine Volksverdummung? Wie sollen wir darauf reagieren? Zumal niemand von den Plakathochhaltern jemals bei uns war, sich über die Verfahrenstechniken und die Produktionsnotwendigkeiten informiert hat und schon gar nicht sich darüber informiert hat, was alles schon getan wird, um Wildtierschäden zu vermeiden. Der Mähdrescher gehört jedenfalls nicht zu den Produktionsnotwendigkeiten in der Grasernte.

Zu einem fairen Dialog gehört doch, dass man sich erst mit einem Thema beschäftigt, die Komplexität erfasst und dann mit denen das Gespräch sucht, die den Beruf täglich ausüben. Es kann doch nicht sein, dass die Informationspflicht nur als Bringschuld von unserer Seite angesehen wird und man selbst mit polemischen, diffamierenden Falschaussagen um die Häuser ziehen kann.

Häufig genug werden solche Aktionen damit begründet, dass man in der Überspitzung ein Problembewusstsein schaffen will. Falschaussagen schaffen also ein Problembewusstsein? Was für ein Problembewusstsein soll das sein? Oder ist es nicht vielmehr verbale Brandstiftung, um seine eigenen Interessen voranzubringen, die dann bei dem ein oder anderen auf sehr fruchtbaren Boden fällt, der uns dann im Schutze der Socialmediaanonymität im letzten Sommer schrieb, dass wir immer so scheinheilig tun, Massenmörder der Neuzeit sind und den Untergang verdient haben. Wir haben uns dagegen entschieden, hier den Schreiberling wörtlich zu zitieren, um ihm nicht auch noch eine Plattform für seine verbalen Entgleisungen zu bieten.

Um es einmal ganz klar zu sagen: Wer uns als Mörder, Umweltvergifter und Tierquäler bezeichnet oder uns sogar in die Nähe der schlimmsten Nazi-Schergen stellt, disqualifiziert sich selbst, ist für uns kein Gesprächspartner mehr und für solche Menschen werden wir nicht mehr unsere Hoftüren öffnen. Das ist eine inakzeptable Verhaltensweise und hier erwarten wir, dass sich auch unsere sachlichen Kritiker an unsere Seite stellen und sich öffentlich ganz klar gegen eine solche Form der Diffamierung stellen. Wir werden es nicht hinnehmen, dass ein Berufsstand der nach Recht und Gesetzt wirtschaftet, so bezeichnet wird.

Wir könnten nun noch viel mehr Beispiele dazu bringen. Das tun wir jetzt nicht, weil wir glauben, dass das Prinzip klar geworden ist. Ein Thema ist uns aber noch extrem wichtig, mit dem wir uns als Verbände in allen Bundesländern beschäftigen müssen. Das ist das Thema Mobbing von Landwirtskindern. Für uns ist Mobbing, egal gegen wen, inakzeptabel und die Diskussion um die Landwirtskinder ist hier nur der gesellschaftliche Spiegel, den wir alle vorgehalten bekommen. Wenn unsere Kinder sich für den Beruf ihrer Eltern schämen und lieber schweigen, wenn ein 11jähriges Mädchen in Berlin sich umbringt, weil es die psychische Gewalt nicht mehr aushält und uns erschüttert zurücklässt, dann ist es nicht mehr 5 vor 12 sondern schon 5 nach 12 in unserem Land und in unserer Gesellschaft und wir müssen dringend damit Anfangen unsere Art, miteinander zu reden, verändern. Hier brauchen wir eine Wende.

Wir erwarten nicht, dass man uns nicht mehr kritisiert. Natürlich darf man uns kritisieren, Produktionsweisen hinterfragen, alternative Vorschläge machen. Das steht außer Fragen und ist auch notwendig, um die Landwirtschaft weiterzuentwickeln. Und es ist auch richtig, dass wir bei dem ein oder anderem Thema bestimmt die betrieblichen Scheuklappen aufhaben.

Hier müssen wir kritikfähiger und offener werden.

Aber warum darf man uns eigentlich sofort sagen, dass wir nicht die Wahrheit erzählen, sobald wir unseren Standpunkt klar machen und unsere Position vertreten? Dies passiert fast reflexartig und ist ganz häufig mit dem Standardvorwurf verbunden, wir würden von Bullerbü erzählen und als Agrarindustrielobby handeln.

Bremer Bauern leben weder in Bullerbü noch haben sie Agrarfabriken (was das auch immer sein mag). Es sind landwirtschaftliche Familienbetriebe, die für ihre Familie, ihren Betrieb und das Land ein Höchstmaß an Verantwortung übernehmen. In Deutschland sind die landwirtschaftlichen Betriebe nach ihrer Rechtsform 89 Prozent Einzelunternehmer. Damit sind auch die größeren tierhaltende Betriebe und Marktfruchtbetriebe, die es auch in Bremen gibt, landwirtschaftliche Familienbetriebe und ohne sie ist eine Landwirtschaft in Deutschland nicht möglich.

Nur dagegen zu sein, reicht nicht, nur zu kritisieren und keine neuen Ideen zu liefern, reicht nicht, nur zu erwarten, dass andere es machen sollen, aber selber in der Komfortzone zu bleiben, reicht nicht.

Das Land Bremen ist jetzt keine Schwerpunktregion in der Agrarproduktion. Aber wir haben die Besonderheit, dass über 500.000 Verbraucherinnen und Verbraucher vor unserer Hoftür sitzen. Diesen Umstand werden wir für den Dialog weiter nutzen. Wir werden weiter mit den Verbraucher reden, sie auf unsere Betriebe einladen, zum aktiven Mitmachen auffordern und ihnen erklären, was wir tun und warum.

Miteinander reden, den Dialog führen, gerne kontrovers und gerne auch mal hart in der Sache, das ist der Schlüssel. Aber bitte mit Substanz, Anstand und Niveau. Das kann man von uns erwarte, daran lassen wir uns messen und das erwarten wir auch von der anderen Seite.

Verbale Brandstifter und selbsternannte Moralinstanzen sind für uns keine Gesprächspartner mehr.

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