Am 18.September 2019 hielt die Vorsitzende der Bremer Landfrauen Andrea Geerken diese ganz persönliche, emotionale und beeindruckende Rede:

Sehr geehrte Frau Senatorin Schäfer, sehr geehrte Anwesende, liebe LandFrauen!

Wir sind heute ins Rathaus gekommen, um Ihnen diese Erntekrone zu überreichen. Sie soll in den nächsten Wochen die Eingangshalle des Rathauses schmücken und an das Erntedankfest erinnern, dass Anfang Oktober in den Kirchen gefeiert wird.

Wir, das sind Vertreter der LandJugend Bremen, des Bremischen Landwirtschaftsverbandes und der Bremer LandFrauen, die diese Erntekrone gebunden haben.
Uns LandFrauen ist das Bewahren von Traditionen ein Anliegen, dazu gehört auch das Fertigen einer Erntekrone und das Erinnern an das Erntedankfest. So kommen wir schon seit über 20 Jahren jedes Jahr mit einer Erntekrone und unseren Gedanken, die wir bei dieser Gelegenheit vortragen, in das Rathaus.

Der Deutsche LandFrauenverband ist der bundesweit größte Verband für Frauen, die auf dem Lande leben. Wir sind 500.000 Mitglieder, die in 12.000 Ortsvereinen und 22 Landesverbänden organisiert sind. Zusammen bilden wir ein starkes Netzwerk. Wir setzen uns für die Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Situation der Frauen ein. Ziel ist es, die Lebensqualität und die Arbeitsbedingungen im ländlichen Raum zu verbessern. Der Deutsche LandFrauenverband vertritt die politischen Interessen aller Frauen in ländlichen Regionen und den Berufsstand der Bäuerinnen.

Heute sind nur noch ein Prozent der Bevölkerung Bauern. Diese versorgen immer mehr Menschen mit Nahrung. Dem technischen Fortschritt ist eine enorme Produktionssteigerung zu verdanken.
Während um 1900 ein Landwirt Nahrungsmittel erzeugte um vier Menschen zu ernähren, stieg die Zahl 1950 auf 10 und 2010 sogar auf 131 Personen an.

Leider hat die Landwirtschaft es versäumt, die Verbraucher auf diesem Weg der Entwicklung mitzunehmen. So haben sie oft ein veraltetes, sehr idyllisches Bild von Landwirtschaft in den Köpfen. Deshalb öffnen wir unsere Höfe für die Öffentlichkeit, um die moderne Landwirtschaft zu zeigen. Nur wer weiß, wieviel Arbeit im Wachsen und Gedeihen steckt, weiß Lebensmittel auch wertzuschätzen. Wir stellen uns der gesellschaftlichen Diskussion um eine nachhaltige und tiergerechte Landwirtschaft und gesunder Ernährung. Diese Diskussion beinhaltet natürlich auch die um Bio und Konventionelle Landwirtschaft. Beide erzeugen gute, gesunde Lebensmittel und sowohl das eine, wie auch das andere hat seine Berechtigung.

Vielmehr ist es wichtig eine heimische, bäuerliche und regionale Landwirtschaft zu fördern und zu unterstützen. Dafür braucht es landwirtschaftliche Flächen und mit deren Verbrauch sollte Politik unbedingt sorgsam umgehen. Nicht nur zur Bebauung, sondern auch im Bezug auf den naturschutzrechtlichen Ausgleich von Bauprojekten. Uns ist die Notwendigkeit der Ausdehnung von Gewerbe, Straßen- und Siedlungsflächen für Bremen bewusst, doch sollte dies und der Flächenausgleich mit Augenmaß geschehen. Wir fordern das Einbeziehen der landwirtschaftlichen Vertreter in Entscheidungsprozesse um Gesetzesvorgaben. Entscheidungen sollten mit uns und nicht über uns gefällt werden. Gerade hier in Bremen sollte dies ohne Probleme möglich sein!

Ich bin Bäuerin
Mein ganzes Leben lang lebe ich auf einem Bauernhof, auf dem Milch produziert wird. Das wird in der nächsten Woche ein Ende haben.
Wir werden unsere Kühe verkaufen, Milch wird auf unserem Hof nicht mehr produziert werden. Wir können unser Familieneinkommen daraus nicht mehr erwirtschaften. Für unsere Familie ein Tag der Trauer.

Bauer/Bäuerin sein, damit kann man nicht einfach so aufhören. Das ist nicht einfach nur ein Beruf. Das ist eine tiefe Verbundenheit zur Natur und den Tieren. Deshalb bedeutet das für uns einen großen Schritt.
Diese Entscheidung liegt nicht am Fehlen eines Hofnachfolgers.
Mein Sohn hat Landwirtschaft gelernt und studiert. Aber ich bin erleichtert, dass er nicht mit hohen Schulden und Arbeit an 365 Tagen im Jahr in eine unsichere berufliche Zukunft startet.

Wenn wir bei uns weiter landwirtschaftliche Familienbetriebe haben wollen, dann bedarf es einer größeren Unterstützung von Seiten der Politik. Was heute gilt muss auch morgen noch Bestand haben!
Die Betriebe müssen ein Einkommen erwirtschaften können.

Von einem Euro, den ein Bundesbürger für Nahrungsmittel ausgibt erhielt der Landwirt 1970 fast 50 Cent, heute bekommt er nur noch die Hälfte. Faire Preise müssen von Partnern, Molkereien und Verbrauchern gezahlt werden.Die Leistung der Landwirte muss anerkannt werden!

Gern diskutieren wir auf Augenhöhe. Wenn wir jedoch persönlich angegriffen werden und uns als Tierquäler, Umweltverschmutzer oder Ausbeuter beschimpfen lassen müssen, sind wir tief betroffen. Der Umgang einiger Menschen miteinander, besonders in der Anonymität des Internets ist sehr erschreckend! Dort werden Beleidigungen und Drohungen ausgesprochen und häufig trifft es auch die Bauernkinder, die dann gemobbt werden.

Milch kommt nicht aus dem Supermarkt und Brot fällt nicht vom Himmel. Ohne Bauern werden wir nicht satt!

Auch Sonne und Regen und das in der richtigen Menge und zum richtigen Zeitpunkt sind entscheidend. So haben wir auch in diesem Sommer regional Dürren erlitten. Schlechtes Wetter bedeutet auch immer einen Einkommensverlust. Das gehört sicher in gewissem Maße zum unternehmerischen Risiko, aber wenn in vorherigen Jahren keine Rücklagen gebildet werden konnten, sind solche Ereignisse existenzbedrohend.

Doch können wir dankbar dafür sein, dass wir in diesem Teil der Erde von wirklich extremen Wetterlagen verschont bleiben. Wie schnell können ganze Ernten vernichtet werden und Hunger drohen.
Wir leben alle gemeinsam auf diesem Planeten. Klimaschutz ist eine existenzielle Aufgabe, die die gesamte Gesellschaft angeht. Es kann nicht immer als erstes die Landwirtschaft verantwortlich gemacht werden. Auch ist diese Aufgabe nicht mit dem Verbot von Trinkhalmen und Luftballons zu lösen ist.

Auf der ganzen Welt und in vielen Religionen wird Erntedank gefeiert.
Wir haben alle die gleichen Bedürfnisse nach Nahrung, einem Zuhause und Frieden. Wir sollten ein Klima schaffen, dass geprägt ist von Respekt, Toleranz und Mitmenschlichkeit.

Wir leben auf einer Erde und sollten uns dafür stark machen, dass wir auch weiterhin in Demokratie und Frieden miteinander leben können.
Dafür sollten wir uns einsetzen UND DANKBAR SEIN!

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